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Kräuteranbau in der Regio

Aller Hände Arbeit – der lange Weg zum Teegenuss

von Annika Burger, 15. März 2024 In der Kräutermanufaktur von Ottenheim werden seit zehn Jahren regionale Kräutertees und Salze gemischt, verpackt und verkauft. 20 Frauen und ein Mann bauen die Zutaten an und ernten sie – eine Produktkette, die mit viel Herzblut und vor allem überwiegend von Hand zusammengehalten wird.
Aller Hände Arbeit – der lange Weg zum Teegenuss
Farbenpracht in der Kräutermanufaktur

Bereits wenn man den Lagerraum der Kräutermanufaktur betritt, strömt einem Betörendes entgegen: der intensive Duft ätherischer Öle verschiedenster Kräuter und Blüten. In großen Papiersäcken lagert hier, was später einmal als Teemischung mit Namen wie „Ab ins Bett“, „Blühe auf“ oder „Frech wie Oskar“ in den Verkaufsregalen stehen wird. Die Kräuter stammen von nach Bio-Richtlinien kontrollierten Höfen und werden wegen der höheren Wirkstoffgehalte als Ganzblattware verkauft. Doch wie kommt der Tee in die Tüte? Wer mit Elke Lichtblau-Reitter, der ersten Vorsitzenden der als Kräuterland Baden-Württemberg e.V. organisierten Manufaktur spricht, lernt schnell eines: überwiegend durch Handarbeit. „Bei uns gehen die Kräuter vier Mal durch die Hände: beim Abschneiden, beim Zupfen, beim Trocknen und nochmal beim Mischen und Abpacken.“ Das ermögliche auch eine optimale Qualitätsgarantie, denn „mehr Kontrolle geht kaum“.

Elke Lichtblau-Reitter
Elke Lichtblau-Reitter

Zweite Heimat und Passion

Geliefert wird aus ganz Baden-Württemberg. Aus 14 Landkreisen, vom Odenwald über den Hochschwarzwald bis zum Bodensee, kommen die Kräuter inzwischen auf den Hof von Frau Lichtblau-Reitter. Hier hat die Kräutermanufaktur ihre Zentrale. Dort trifft die Ware ein, wird begutachtet, gewogen und bezahlt sowie gemischt, verpackt und verkauft. Der Qualitätsanspruch ist hoch. Nur allerbeste Zutaten schaffen es in die Produkte. Die unterschiedlichen Höhenstufen machen die Vielfalt der Kräuter aus, denn jedes braucht sein ganz eigenes Klima. Die meisten der Anbauerinnen sind seit Gründung 2014 mit dabei. „Für viele von uns ist die Kräutermanufaktur zur zweiten Heimat und Passion geworden“, erzählt die erste Vorsitzende.

Gezupft, gestreift und geschnitten

Angebaut werden Kräuter und Blüten von A wie Anisysop über M wie Minze und Malve bis zu Z wie Zitronenverbene und -melisse. Jede Anbauerin (und ein Anbauer) hat sich auf Kräuter und Pflanzen spezialisiert, abhängig von der Klimazone und dem Boden. Roswitha Ette aus dem Kreis Emmendingen und zweite Vorsitzende des Vereins erntet beispielsweise Kamille, Marokkanische Minze, Verbene, verschiedene Basilikumsorten, Königskerze, Johanniskraut und Ringelblumen. Bei Elke Lichtblau-Reitter hingegen ist es hauptsächlich Melisse, vier Sorten Basilikum und Sonnenblumen. „Ich ernte auch einige Wildkräuter, wie z.B. Brennnessel“, ergänzt sie. Im Frühjahr sind das die ersten Pflanzen, die gesammelt werden können. „Dann kommen die ersten Gänseblümle, gefolgt von Spitzwegerich und Birkenblättern im April und Mai“, zählt Frau Ette auf. In den Sommermonaten schließlich ist Erntehochsaison der wärmeliebenden Kräuter und Stauden. Dabei gilt es, für jede Pflanze den optimalen Zeitpunkt zu erwischen. Das betrifft nicht nur den richtigen Reifegrad, sondern auch die richtige Tageszeit. Und welche Teile der Pflanze kommen in den Tee? Königskerze, Malven, Ringelblumen und Kornblumen etwa werden als ganze Blüte geerntet, bei anderen, wie Mohnblumen, Melisse oder Salbei, sind es die einzelnen Blätter, die vom Stängel gezupft werden.

Roswita Ette bei der Ernte
Roswita Ette bei der Ernte

Gut Ding – darf keine Weile haben

Entscheidend ist schließlich, die Blüten und Blätter richtig zu trocknen. Richtig heißt in diesem Fall zügig, wie Anbauerin Ette weiß: „Nach der Ernte muss es schnell gehen, denn wenn die Blüten oder Blätter beim Trocknen zu lange brauchen, verlieren sie ihr Aroma – und die Farbe. Kornblumen zum Beispiel werden weißlich, die Königskerze hat eher eine Tendenz ins Gräuliche.“ Die Trockendauer hängt davon ab, was sich auf den Gittern befindet. Einzelne Blätter der Minze trocknen schneller als dicke Salbeiblätter oder gar ganze Rosenblüten. Getrocknet wird bei möglichst konstanten Temperaturen in dunklen Räumen, meist auf Gittern in verschiedenen Modellen sogenannter Trockenschränke. Mit dem Trocknen hört die Handarbeit nicht auf. Im Winter verlagert sich die Produktion in die Räume der Manufaktur. Bis in den Februar ist hier Hochsaison und auch hier kommen die Anbauerinnen selbst zum Einsatz. Wie heißt es so schön? „Die Mischung macht’s.“ Hier ist Expertenwissen gefragt. Es gilt, die richtigen Kräuter und damit die richtigen Wirkstoffe und Geschmäcker zusammenzuführen. In großen Wannen werden die Kräuter vermengt, in Papiertütchen abgefüllt und schließlich etikettiert.

Trocknung der Kräuter in der Manufaktur
Trocknung der Kräuter in der Manufaktur

Aus dem Vollen geschöpft

Was man im privaten Gebrauch in Form kleiner Kräutersträuße kennt, liefert und lagert man bei der Kräutermanufaktur in ganzen Säcken. Vor zehn Jahren begann das kleine Unternehmen mit etwa 270 Kilo getrockneten Kräutern, heute kann es mit knapp 800 Kilo aufwarten (zum Vergleich: handelsübliche Verpackungen mit losem Tee enthalten meist 15–50 Gramm). Wie kann man sich diese Mengen vorstellen? Frau Lichtblau-Reitter erklärt: „Für ein Kilo trockenen Tee benötigt man etwa zehn Kilo frische Kräuter. Melisse kann ich zweimal in der Saison schneiden. Dafür benötige ich ca. 10 qm Ackerfläche. Mein Acker hat etwa 30 Ar, also 3.000 m². Wenn ich dort zum Beispiel nur Melisse anbauen würde, würde das ca. 150 Kilo getrocknete Melisse ergeben. Für ein Kilo arbeite ich vom Anbau bis nach der Trocknung ca. zehn Stunden.“ Aller Hände Arbeit also. Ein Grund mehr, die nächste Teepause ganz bewusst zu genießen.

P.S. Neue Anbauerinnen und Anbauer sind herzlich willkommen. Wer mit dabei sein möchte, muss folgende Grundlagen mitbringen: 500 Quadratmeter biozertifizierte Mindestanbaufläche und eine Lieferung an die Manufaktur von mindestens vier Kilo getrockneten Kräutern pro Jahr.

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