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Zwei Tage Online-Vorträge und eine Tagesexkursion waren bei den Triesdorfer Herdenschutztagen im November 2022 dem Thema Wölfe und Weidetiere gewidmet. Dass Nutztiere wie Rinder, Schafe, Ziegen oder auch Pferde Zugang zu einer Weide haben, ist Inbegriff einer artgerechten und naturnahen Tierhaltung. Die Tiere fühlen sich wohl, wenn sie sich frei bewegen können, und zugleich tragen sie zum Erhalt unserer vertrauten Kulturlandschaft bei. Denn wo Wiesen nicht regelmäßig kurzgehalten werden, würde in unseren Breitengraden auf die Dauer überwiegend Mischwald entstehen. Der Blick über Schwarzwaldhöhen und Hegauberge wäre dann weniger frei. Und gerade wo das Gelände steil und unwegsam ist, lassen sich Wiesen durch Weidetiere leichter „mähen“ als mit Traktoren. Kühe, Schafe und dergleichen, die friedlich auf der Wiese grasen, sehen also nicht nur idyllisch aus – sie erfüllen auch wichtige Aufgaben in der Pflege unserer Landschaft. Was man den Tieren nicht unbedingt ansieht: Für die Landwirte, denen sie gehören, ist die Weidehaltung durchaus mit Aufwand verbunden, und der wird nicht weniger, wenn sich die Tierhalter nicht nur wie gewohnt um das Wohl ihrer Tiere kümmern, sondern zudem noch die Gefährdung durch Wölfe und andere Raubtiere im Auge haben müssen.
Bei den Triesdorfer Herdenschutztagen konnten sich Landwirte gründlich informieren. Wenn Wölfe in der Nähe der eigenen Herden auftauchen, kann man wahlweise Schutzmaßnahmen ergreifen oder das Risiko eines Wolfsangriffs in Kauf nehmen. Es gibt (weitestgehend) wolfsichere Zäune mit 4–5 Litzen und hoher Spannung, und es gibt Herdenschutzhunde – spezielle, große Hunderassen wie der Maremmano Abruzzese oder der Pyrenäenberghund, die im Team von mehreren Hunden in der Lage sind, einen Wolf abzuwehren. Zum Glück gibt es Möglichkeiten, Weidetiere vor Wölfen zu schützen – könnte man sagen. Im Prinzip stimmt das auch – doch der zusätzliche finanzielle und zeitliche Aufwand, den der Herdenschutz mit sich bringt, ist nicht zu verachten. Ein Hund, der groß genug ist, um einem Wolf Paroli zu bieten, kostet im Jahr rund 2.500 €, und vier oder fünf von der Sorte sollte man schon haben. Und jeder, der schon einmal mit einem Freischneider in unebenem Gelände gemäht hat, kann leise erahnen, was es bedeutet, kilometerlange Zaunverläufe in bergigem Gelände mehrmals jeden Sommer auszumähen, damit die stromführenden Litzen nicht vom Gras überwachsen werden. Zwar gibt es regionalspezifische Fördergelder, doch helfen die noch nicht automatisch, zusätzliche Mitarbeiter zu finden, die sich um Zäune und Hunde kümmern.
In Süddeutschland treten Wölfe noch eher vereinzelt auf – vor allem im Nordosten unserer Republik sind sie schon häufiger vertreten, insgesamt wurden 161 Rudel im Jahr 2022 gezählt. Weil sie staatlich gut geschützt und von ihrem Naturell her sehr anpassungsfähig sind, breiten sie sich weiter aus beziehungsweise erobern sich die weiten Teile Mitteleuropas, aus denen sie lange Zeit vollständig vertrieben waren, Stück für Stück wieder zurück, während Politik und Tierhalter das Geschehen beobachten und um einen sinnvollen Umgang damit ringen. Ich meine, es lohnt sich, sehr genau zu beobachten, welche Entwicklungen politische und praktische Maßnahmen zum Wolfs- und Herdenschutz für die verschiedenen Tiere in unserem Land nach sich ziehen. Der Wolf in seiner Ursprünglichkeit und Wildheit, mit seiner fast majestätischen Ausstrahlung hat in unseren Wäldern sicher seine Daseinsberechtigung. Aber der Schutz der Wölfe sollte doch nicht zu Lasten der Lebensqualität unserer Nutztiere erfolgen. Wenn Rinder, Schafe und andere Weidetiere nur noch in Ställen leben könnten, weil die Weidehaltung zu kostspielig und zu gefährlich wird, dann wäre in der Tierwohlpolitik manches schief gelaufen.