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Ursprünglich waren die Menschen Jäger und Sammler. Sie machten Jagd auf essbare Tiere in ihrer Umgebung und ernteten von den Wildfrüchten, die sie auf ihren Streifzügen entdeckten. Mit zunehmender Population der Menschheit war diese Art der Nahrungssuche zu unsicher geworden, weshalb die Menschen sesshaft wurden und selbst anfingen, Nahrungsmittel anzubauen und Tiere zu halten. In Mesopotamien sind die Anfänge der Sesshaftwerdung um 11.000 v. Chr. nachgewiesen. In Mitteleuropa wurden vor rund 7.000 Jahren erstmals Menschen resident. Es waren die Anfänge der Zivilisation, aber auch die Anfänge der Kulturlandschaft.
Kulturlandschaft – was ist das überhaupt?
Unter Kulturlandschaft versteht man eine durch den Menschen zu seinem Nutzen veränderte Landschaft. Die Motivation für die Umgestaltung der ursprünglichen Landschaft zu einer Kulturlandschaft war die Nutzungsoptimierung. Bäume wurden gerodet und Weideland wurde umgebrochen, um dort Ackerbau betreiben zu können. Sehr schnell erkannten die Menschen, dass eine ackerbauliche Nutzung nicht überall möglich oder sinnvoll war. Auf guten Böden wurde der Ackerbau favorisiert. Auf kargeren Böden oder in Steillagen verzichtete man auf die Umwandlung in Ackerland und trieb dort Tiere zur Beweidung auf. Auf noch ungünstigeren Standorten beließ man den Wald und förderte dort den Aufwuchs von für den Hausbau oder als Brennholz nutzbarer Baumarten.
Um zu dem Ackerland zu gelangen oder Tiere von einer Weide zur nächsten treiben zu können, wurden Wege angelegt. Teils als Fußwege, aber zum Teil auch als Transportwege, um über diese das Saatgut, Pferde- oder Ochsengespanne und final auch die Ernte bewegen zu können.
Die sogenannte Kulturlandschaft war nie eine statische Komponente. Ständig wurde die Kulturlandschaft verändert, immer mit der Motivation, die Felderträge steigern und die Nutzung der Kulturlandschaft noch weiter optimieren zu können. Für den Weinbau wurden Terrassen angelegt, veränderten klimatischen Bedingungen wurde ständig Rechnung getragen.
Bäuerliche Landwirtschaft und Biodiversität
Die Umgestaltung der natürlichen Landschaft zu einer Kulturlandschaft führte jedoch nicht, wie man spontan vermuten mag, zu einem Rückgang der Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren. In der kleinteiligen bäuerlichen Landwirtschaft, wie sie bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts fast ausschließlich vorhanden war, bestand eine sehr hohe Biodiversität. Es ist einfacher, eine Blumenwiese mit Weidetieren zu erhalten. Die Tiere fressen nicht alles gleichzeitig ab, wie dies bei der Wiesenmahd geschieht. Partien auf der Weide, an denen die Tiere koten und Harn lassen, werden nicht gefressen. Sie bleiben zeitweise Refugien für Pflanzen, die dort aussamen können, und sind so auch für Insekten wertvolle Lebensräume. Ebenso ist der Dung ein wertvoller Lebensraum für eine Vielzahl Kleinstlebewesen. Je kleinteiliger eine Kulturlandschaft ist, umso mehr Artenvielfalt gibt es dort.
Jedoch ist diese kleinteilige Landbewirtschaftung nicht effektiv, arbeitsaufwendig und nicht kostendeckend. Mit zunehmender Liberalisierung der Weltagrarmärkte gerät sie daher zunehmend ins Hintertreffen gegenüber großflächigen Gunststandorten.

Der Wandel von Kulturlandschaft durch Mechanisierung und globalen Wettbewerb
Wie oben schon erwähnt, ist jede Kulturlandschaft einem ständigen Wandel unterworfen, um dem Ziel der Ertragssteigerung gerecht zu werden. Der Einzug der Mechanisierung der Landwirtschaft ab den 1940er Jahren stellte neue Anforderungen. Flächen mussten nun maschinengerecht sein. Dazu wurden Streuobstbäume in den Wiesen und Äckern gerodet. Bewässerungsgräben wurden eingeebnet, um schneller und maschinengerecht arbeiten zu können. Die Landwirtschaftsverwaltung organisierte flächendeckend Flurbereinigungsverfahren, in denen landwirtschaftliche Flächen zu größeren Feldstücken zusammengelegt wurden.
Am Kaiserstuhl wurden Rebhänge terrassiert, um dort den Weinbau mechanisieren zu können. Diese neu gebildeten Flurstücke wurden mit einem modernen Wegenetz erschlossen, das auch den Einsatz größerer Traktoren und Maschinen ermöglicht. Dort wo derartige Nutzungsoptimierungen nicht möglich waren, wie in den Steil- und Hochlagen des Schwarzwaldes oder teilweise am Kaiserstuhl, zog sich die Landwirtschaft Stück für Stück zurück. Die Zahl der gehaltenen Rinder ist seit Jahrzehnten konstant rückläufig. Es wird in Folge weniger Weideland benötigt, was wiederum bedingt, dass Flächen aufgeforstet oder durch Abmulchen freigehalten werden müssen. Am Kaiserstuhl werden in den nächsten Jahren voraussichtlich rund 20 % der Rebflächen aus der Produktion fallen. Kleinere landwirtschaftliche Betriebe werden im Rahmen der Generationenfolge nicht mehr weitergeführt. Die verbliebenen größeren Höfe expandieren und übernehmen die gut zu bewirtschaftenden Flächen von den aufgegebenen Betrieben. Um wiederum noch effektiver wirtschaften zu können, folgen weitere Umgestaltungen der Kulturlandschaft in Richtung sogenannter Agrarwüsten. Damit verbunden ist ein ständiger Rückgang der Artenvielfalt an Tieren und Pflanzen.
Wie wir bäuerliche Landwirtschaft erhalten – Qualität statt Nutzungsmaximierung
Doch um diese sich stetig auf dem Rückzug befindliche bäuerlich geprägte alte Kulturlandschaft erhalten zu können, braucht es eine starke Lobby, die für den Erhalt von bäuerlicher Landwirtschaft eintritt und den Dumping-Preisen der globalen, industrialisierten Agrarmärkte sowie den einseitigen Subventionen entgegenwirkt. Die bisherige staatliche Agrarförderung, obwohl sie rund ein Viertel des EU-Haushalts ausmacht, wird den oben geschilderten Trend, der unweigerlich zum Verlust von Artenvielfalt, bäuerlichen Betrieben und Kulturlandschaft führt, nicht aufhalten.
Es sollte eine Abkehr von der klassischen Agrarförderung pro Hektar zu einer individuell basierten Unterstützung der Landwirtschaft erfolgen. Dem Erhalt des kleinteiligen Landschaftsbildes und dessen hohem Erholungswert sollte besonders Rechnung getragen werden. Die Agrarförderung sollte unkompliziert möglich sein und bei den Bauern nicht das Gefühl vermitteln, bloß Bittsteller zu sein. Die landwirtschaftliche Ausbildung und Beratung sollte sich künftig nicht mehr ausschließlich auf die Nutzungsmaximierung fokussieren, sondern auch zunehmend die gegebenen Nutzungsqualitäten mit einbeziehen.
Statt „Bauernbashing“ sollten auch die Kunden in den (Super-)Märkten mehr Eigenverantwortung entwickeln. Letztlich entscheiden sie durch ihre täglichen Einkäufe an Lebensmitteln mit, ob die „Stärkung alter Kulturlandschaft durch bäuerliche Landwirtschaft“ nur das Thema eines spannenden Fachvortrags war, oder gesellschaftsübergreifend mit Leben gefüllt werden kann. Denn: Bäuerliche Landwirtschaft geht alle an.
Den gesamten Vortrag können Sie als Video ansehen: