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Die Wutachschlucht

Beeindruckender Naturraum und touristischer Hotspot

von Gabriele Hennicke, 22. April 2022 Manche sprechen von der Wutachschlucht als dem Grand Canyon des Schwarzwalds. Als Wanderregion erfährt das einzigartige Naturschutzgebiet in den letzten Jahren einen enormen Zulauf. Die imposante Schlucht mit ihren hohen Kalksteingalerien ist der Arbeitsplatz von Ranger Martin Schwenninger.
Beeindruckender Naturraum und touristischer Hotspot
Ranger Martin Schwenninger im Gespräch mit einer Besucherin

Die Wutachschlucht war lange Zeit als wilde Schlucht bekannt und gefürchtet. Unwegsam, wenig erschlossen, ständig den Wassermassen des Flusses Wutach ausgesetzt, der sich auf seinem Weg tief durch die mehrere 100 Millionen Jahre alten Gesteinsschichten des Südschwarzwalds gegraben hat. „Wie in einem geologischen Lehrbuch kann man auf einer Wanderstrecke von 30 Kilometern durch nahezu alle Gesteinsschichten Südwestdeutschlands laufen“, sagt Wutach-Ranger Martin Schwenninger.

Als eine geologisch und landschaftsgeschichtlich einzigartige Wildflusslandschaft ist die Wutachschlucht Lebensraum vieler geschützter, teilweise in ihrem Bestand bedrohter Pflanzen und Tiere. Bereits 1939 wurde sie als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Gleichzeitig ist sie ein touristischer Hotspot des Südschwarzwalds. Zwischen 80.000 und 100.000 Besucherinnen und Besucher kommen jährlich in die Urlandschaft um die Wutach und ihre Nebenflüsse Rötenbach, Lotenbach, Haslach und Gauchach. Etwa ein Viertel mehr als noch vor zehn, zwanzig Jahren, schätzt der Ranger.

Für einen Besuch ist festes Schuhwerk zu jeder Jahreszeit angesagt. Insbesondere bei Regen sind die schmalen Wege rutschig und gefährlich und diese sollte man nicht verlassen, damit die einmalige Vegetation und Tierwelt der Schlucht erhalten bleibt. Zu entdecken gibt es von den Wegen aus ohnehin genug: Im Frühling säumen große Pestwurzbestände mit ihren weiß-rosa Blütenständen und den riesigen Blättern den Gewässerlauf, während an den Hängen der Schlucht Märzenbecher blühen. Im Frühsommer entdeckt man vielleicht eine der seltenen Türkenbund-Lilien oder gar den gelb-braunen Frauenschuh. Wasseramseln mit der charakteristischen weißen Brust zischen übers Wasser. „Um 1900 galt die Wutachschlucht als eines der besten Forellengewässer Europas“, weiß der Ranger. Das sprach sich sogar bis nach Großbritannien herum.

Kaum glauben möchte man, dass es einst in der Schlucht mit Bad Boll ein luxuriöses Kurbad gab, das seine Glanzzeit in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebte. Schon im späten Mittelalter war die dortige Quelle für ihre Heilwirkung berühmt. Das schwefelige Wasser soll besonders bei Krätze und anderen Hauterkrankungen geholfen haben. Wo heute lediglich eine kleine Kapelle und einige exotische Baumriesen auf die einstigen Kuranlagen hinweisen, standen früher ein Kurhaus, ein Badehaus, Gasthäuser und Wirtschaftsgebäude. Auf den zwei Weihern im Kurpark wurden Gondelfahrten angeboten, der Boller Wasserfall war illuminiert. 1894 wurde das Haus vom Fishing Club Limited London erworben, dessen Mitglieder es auf die berühmten Forellen in der Wutachschlucht abgesehen hatten.

Vorbei an den steil aufragenden Muschelkalkwänden führt der Wanderweg heute mal auf der Talebene, dann wieder hoch hinauf mit großartigen Ausblicken auf die Schlucht. An manchen Stellen bleibt nur ein schmaler Sims zwischen senkrechter Felswand und reißendem Fluss. Stahlseile sichern die besonders steilen und ausgesetzten Wegabschnitte. Unpassierbar ist ein Abschnitt, in dem es im März 2016 zu einem Erdrutsch kam.

Riesige Pestwurzbestände
Riesige Pestwurzbestände

Martin Schwenninger empfiehlt, die Schlucht bei gutem Wetter und nicht an Wochenenden oder Feiertagen zu besuchen. „Da sind einfach zu viele Leute unterwegs, man findet keinen Parkplatz und es gibt zu viele, die sich nicht an die Regeln im Naturschutzgebiet halten“, erklärt er. Sorgen bereitet ihm, dass Wanderer immer wieder die ausgezeichneten Wege verlassen, ihre Hunde ohne Leine laufen lassen und sich Picknickplätze am Ufer suchen. „Menschen und Hunde stören die bodenbrütenden Vögel wie den bunten Eisvogel, der in den Uferböschungen sein Nest hat, und gefährden damit den Bruterfolg“, beschreibt er das Problem. Ehrenamtliche Naturschützer von Schwarzwaldverein und Bergwacht unterstützen den Ranger Martin Schwenninger bei seiner nicht immer leichten Aufgabe.

Fachleute der Oberen Naturschutzbehörde im Regierungspräsidium Freiburg arbeiten zusammen mit dem Ranger und Vertreterinnen und Vertretern von Tourismus, den drei betroffenen Landkreisen, Anrainerkommunen, dem Naturpark Südschwarzwald und dem Schwarzwaldverein an Entwicklungsplänen für das Naturschutzgebiet. 2022 soll eine Rundwegekonzeption vorgestellt werden, die Wandernde auf abwechslungsreichen Rundwegen durch die Schlucht und in die attraktiven Höhenlagen rundherum führen sollen. Auch die Parkplatzsituation soll verbessert werden, denn aktuell sind häufig Rettungswege sowie Wendeplatten der Wanderbusse zugeparkt. Dabei ist die Wutachschlucht bestens angebunden und stündlich sowohl von Freiburg als auch von Donaueschingen per Bahn zu erreichen. Busse in der Wutachschlucht sind an den Stundentakt angepasst und befördern die Wanderer bequem zu den Einstiegen in die Schlucht.

Anreise und weitere Infos unter: www.wutachschlucht.de

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