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Am 18.01.2024 fand im Kurhaus von Hinterzarten eine Tagung statt, die den Schwarzwald in Zeiten des Klimawandels aus Sicht von Forst und Naturschutz beleuchtete. Veranstalter der Tagung war die Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg, zusammen mit dem Naturschutzzentrum Südschwarzwald, Naturpark Südschwarzwald und Biosphärengebiet Schwarzwald. Akademieleiter Michael Eick übergab nach seiner Begrüßung das Wort an Johannes Enssle, den NABU-Landesvorsitzenden, sowie an Forstpräsidentin Dr. Anja Peck. Vorgestellt wurden Positionen aus dem NABU-Grundsatzprogramm Wald sowie aus der Waldstrategie Baden-Württemberg. Positionen, die sich durchaus überschnitten, wie sich im Verlauf der Tagung zeigte.
Naturnaher Waldumbau – von der Fichte zum Mischwald
So verfolgen beide den Ansatz der naturnahen Waldbewirtschaftung. Sowohl Frau Dr. Peck als auch der NABU-Landesvorsitzende empfahlen eine Waldwirtschaft in Richtung naturnaher, stabiler und strukturreicher Mischwälder mit einem entsprechenden Waldumbau „mit Fingerspitzengefühl und nicht im Hauruckverfahren“, wie Frau Dr. Peck es formulierte. Entscheidend sei die Mischung der Baumarten und damit die Streuung des Risikos. Naturverjüngung, also das natürliche Nachwachsen junger Bäume, solle, wo immer möglich, zugelassen werden. Wo nötig, z.B., wenn absehbar sei, dass wieder nur hitze- und dürreanfällige Fichten nachwüchsen, sollten gezielt standortgerechte, klimaresiliente Baumarten dazugepflanzt werden. Um sicherzustellen, dass die jungen Bäume die ersten Jahre überstünden, sei ein situationsbedingter Wildschutz, vor allem eine konsequente Rehwildbejagung unerlässlich.
Im Vergleich zu anderen Regionen, wie dem Harz oder dem Saarland, stünden die Höhenlagen des Schwarzwalds noch relativ gut da, auch in diesem Punkt waren sich waren sich Anja Peck und Johannes Enssle einig. Dürre und Hitze seien hier trotz Klimawandel etwas weniger extrem ausgefallen. Dennoch mahnte Herr Enssle an, dass in Teilen des Schwarzwalds nach wie vor Bestände, also Waldgebiete, mit 70% Fichte existierten. Diese müssten in Zukunft mit massiven Problemen rechnen, hier sei der Waldumbau dringend nötig. Entscheidend sei, betonte die Forstpräsidentin, das vorhandene Handwerkszeug zu nutzen und dabei „dynamisch und adaptiv“ zu denken: Im Wald plane man in Abschnitten von 20, 30 bis zu 100 Jahren. Nur einen Teil der Entwicklungen in diesen Zeiträumen könne man voraussehen. „Deswegen“, so erklärte sie, „müssen wir flexibel bleiben und Handlungen bei Bedarf anpassen“.
Holzernte – in den Ofen oder stofflich weiterverarbeiten?
Es folgte eine offene Diskussion im gesamten Plenum, angestoßen durch die Inhalte von Herrn Enssle und Frau Dr. Peck sowie durch fünf weitere Diskussionspartner. So saßen auf dem Podium auch Gabriel Schwaderer, Geschäftsführer von EuroNatur – Stiftung Europäisches Naturerbe; Prof. Dr. Rainer Luick, ehemals tätig an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg; Martin Tritschler, Waldbesitzer und Vizepräsident der Forstkammer Baden-Württemberg; Ralf Haderer, Marketingleiter des Holzbauunternehmen LIGNOTREND sowie Hubertus Ulsamer vom Naturschutzzentrum Südschwarzwald mit dem Projekt Arche Hochschwarzwald. Als zentraler Diskussionspunkt kristallisierte sich der Einsatz von Holz als Brennmaterial versus der baustofflichen Verwertung heraus. Holz sei zu wertvoll, um es zu verbrennen, es solle lieber stofflich, z.B. im Holzbau verwendet werden. Dagegengehalten wurde, warum ein Rohstoff, der vor der Haustüre wachse, nicht zum Heizen verwendet werden solle, wohingegen Öl und Gas importiert werden müssten. Während Stimmen wie die von Prof. Luick Zukunftsaussichten als katastrophal einstuften, warnten andere vor einer depressiven Zukunftsangst, jeder einzelne könne etwas bewirken. Naturschützer Ulsamer forderte, man solle dem Wald mehr Zeit lassen, vieles würde sich von selbst regulieren. Der Mensch und besonders Försterinnen und Förster seien oft zu ungeduldig.
Alle Beteiligten mitnehmen
Frau Dr. Peck hielt dem entgegen, dass dies immer eine Frage der Zielsetzung sei. Was solle während der Selbstregulierung passieren, könnten z.B. Waldbewirtschaftende so lange durchhalten? Man müsse immer alle Funktionen des Waldes im Blick haben, betonte sie. Dabei müssten alle Beteiligten mitgenommen werden. Waldumbau und von Sturm geschädigte Flächen, auf denen nun naturnaher Wald nachwachsen dürfe, sähen beispielsweise für Laien zunächst verstörend aus. Hier müsse Aufklärungsarbeit geleistet werden: „Wir sollten nicht zu sehr im eigenen Saft schmoren. Das Waldbild wird sich verändern, das müssen wir erklären und alle Menschen dabei mitnehmen.“ Man müsse aber auch damit leben, dass gerade in der aktuellen Waldentwicklung nicht alles vorhersehbar sei. Als Beispiel nannte sie das Eschensterben, mit dem keiner gerechnet hatte. „Deswegen ist es so wichtig, sich in punkto Waldwirtschaft breit genug aufzustellen.“
Bei einem abschließenden Buffet konnten Diskussionen in kleiner Runde weitergeführt und noch offene Fragen geklärt werden.