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„Warum sind denn die Hinterwälder Rinder vom Aussterben bedroht?“, fragte eine Zuhörerin, nachdem sie den Lobesreden von Antonia Wetzel gelauscht hat. Die Landwirtin und aktive Halterin dieser Rasse hatte von der perfekten Anpassung der Tiere an die Landschaft, ihrer Intelligenz und ihren ausgeprägten Instinkten gesprochen. „Was können wir als Verbraucher tun, um euch als Landwirte zu unterstützen?“, lautete sinngemäß eine andere Frage.
Am Rande des bunten Festival-Treibens wurde das LandKultur-Zelt – ein rundes Domzelt, herbstlich dekoriert und mit Sitzgelegenheiten ausgestattet – von vielen Besucherinnen als Oase erlebt. Zu acht verschiedenen Themen rund um die regionale Landwirtschaft plauderten Erzeugerinnen und Erzeuger sehr offen aus dem Nähkästchen. Die Hinterwälder Rinder füllten eine Stunde im Programm; weitere Themen reichten am Samstag von Frauen in der Landwirtschaft über Lebensmittelqualität bis zur Artenvielfalt in einer intensiven Obstanlage. Am Sonntag konnten die Besucher Geschichten über Zusammenarbeit unter Landwirten, über Bauernhöfe als Erlebnisorte, vom Spannungsfeld zwischen Naturkreisläufen und Rentabilität und schließlich über probiotischen Weinbau hören.
Die immer größer werdende Kluft zwischen Erzeugern und Verbrauchern und wachsendes Unverständnis auf beiden Seiten sind zentrale gesellschaftliche Themen – das Höfe-Festival von Marktplatz LandKultur generell und insbesondere das LandKultur-Zelt arbeiteten am vergangenen Wochenende unablässig daran, diese Kluft ein wenig zu verkleinern. „Solche Einblicke bekommt man sonst nie“, kommentierte ein Besucher, der – vielleicht zum ersten Mal – verstanden hat, wie komplex Anbau und Vermarktung von Gemüse sind. Florian Binder vom Lindenbrunnenhof in Forchheim schilderte sein Bestreben, sich einen Überblick zu verschaffen, welche der aktuell rund hundert verschiedenen Kulturen im elterlichen Betrieb mit seinen Standortvoraussetzungen gewinnbringend produziert werden können und welche nicht.
„Männer zählen und ordnen gern – wir Frauen sind mehr am Beobachten und überlassen die Dinge stärker der Natur“, fasste Romana Schneider zusammen, die gemeinsam mit ihrem Mann die Schelinger Viehweide im Kaiserstuhl bewirtschaftet. Die Besonderheit hier: Pferde, Rinder, Schafe und Nandus beweiden gemeinsame Flächen und sind ganzjährig draußen, und ein großer Bauerngarten versorgt die Familie dreiviertel des Jahres mit eigenem Gemüse und Blumen. „Bürokratie und Gesetze stehen meinem Verständnis einer Landwirtschaft im Einklang mit den natürlichen Kreisläufen schon oft im Weg – umso wichtiger ist es, dass wir innerhalb der Familie eine Einheit bilden und die gleichen Werte und Ziele verfolgen“, kommentierte sie.
Werner Braun hatte zu seinem Beitrag über Lebensmittelqualität Karotten und andere Gemüsesorten aus dem Demeter-Gemüseanbau von Echinos e. V. mitgebracht und ermutigte die Zuhörenden, diese bewusst zu schmecken und auf Reaktionen im eigenen Körper zu achten. „Mit Ruhe und etwas Übung ist jeder Mensch in der Lage, die Qualität eines Lebensmittels und seinen Einfluss auf den eigenen Körper mit den eigenen Sinnen wahrzunehmen“, lautet seine Überzeugung.
„Vielfalt ist für uns kein Hobby, sondern absolute Notwendigkeit“, erklärte Christoph Höfflin vom Südhof in Denzlingen. In einer Anlage mit Apfelbäumen, die alle genetisch identisch sind, sei es essentiell, durch Untersaaten, Randbepflanzung und Blühstreifen eine möglichst hohe Vielfalt zu erreichen, damit Nützlinge ganzjährig mit Nahrung versorgt sind und, wenn es drauf ankommt, Schädlinge effektiv bekämpfen können. „Ein geistreicher Mensch, den ich gerne noch mehr gefragt hätte“, bemerkte ein Besucher, für den das Ende des Vortrags schneller gekommen war als gehofft.
Reinhard Schneider von der Dachswanger Mühle in Umkirch berichtete von seinen Erfahrungen mit der Marke „Feldfrisch Badisch“, die er gemeinsam mit dem Schill-Hof in March-Buchheim und Wurthʼs Kartoffelkiste in Neuried-Altenheim gegründet hat. Die drei Betriebe vermarkten mit gemeinsamem Logo Kartoffeln und andere Produkte an den Einzelhandel. „Man darf nicht neidisch sein“, lautete für Reinhard Schneider ein wichtiger Aspekt einer guten Zusammenarbeit.
Rainer Bank vom Thaddäushof in Kirchzarten und Steffen Brupbach aus Teningen-Heimbach warfen sich verbal die Bälle zu. Beide sind im Projekt „Lernort Bauernhof“ beteiligt und öffnen ihre Höfe für Schulklassen. Sie wussten reichlich Geschichten zu erzählen und waren sich einig: „Wenn die Landwirtschaft in Zukunft wieder einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft haben soll, dann müssen wir den Kindern vermitteln, dass es uns gibt und was wir tun.“
Den Abschluss der zwei Tage im LandKultur-Zelt bildete Ronald Linder aus Endingen, der in seinen Weinbergen nicht nur die Richtlinien für biologischen Weinbau erfüllt, sondern zudem auf jegliche Kupfer- und Schwefel-Präparate verzichtet, die den meisten Bio-Winzern Kopf und Kragen retten. Das Resultat: Ronald Linder hat immer wieder – so auch in diesem Jahr – vollständige Ernteausfälle zu verzeichnen, doch hat ihn sein Forscher-Ehrgeiz noch nicht verlassen. „Im mehrjährigen Durchschnitt haben wir dann doch passable Erträge“, erklärte er. Und seine Versuche, die Pflanzengesundheit mit Hefen, effektiven Mikroorganismen und anderen alternativen Verfahren zu verbessern, werden in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Geisenheim wissenschaftlich ausgewertet. Die in Flaschen abgefüllten Ergebnisse der probiotischen Weinbauversuche konnten vor Ort verkostet werden.
In der Summe waren es über hundert Besucher und Besucherinnen, die im LandKultur-Zelt den Geschichten vom Land gelauscht haben, wobei nicht alle Themen auf gleich großes Interesse stießen. Da ist freilich noch Luft nach oben – und doch ist Katja Brudermann, die das Programm im Zelt organisiert hat, durchaus zufrieden: Sie betont: „Die Gespräche im Zelt, wo alle gemeinsam in einem Kreis sitzen, haben eine besondere Qualität und Intensität. Erzeuger und Verbraucher begegnen sich auf Augenhöhe und es gibt wenig Hemmschwellen – weder für die Verbraucher, die hier fragen, was sie immer schon wissen wollten, noch für die Erzeuger, die sehr offen über ihre Situation, über ihre Sorgen, Nöte, Hoffnungen und Chancen reden. Ich bin sicher, dass hier bei vielen Beteiligten bleibende Eindrücke entstanden sind.“