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Marktplatz LandKultur: Herr Glocker, welche Innovationen haben Sie auf Ihrem eigenen Betrieb in den letzten Jahren umgesetzt?
Nikolaus Glocker: Wir haben 2020 einen Bewässerungsteich angelegt. Solarpanels versorgen die erforderlichen Pumpen und auch eine ausgefeilte Messtechnik. An verschiedenen Punkten liegen Feuchtigkeitssensoren in 30 und 60 Zentimetern Tiefe im Boden, deren Messergebnisse mehrmals in der Stunde ausgewertet werden. Im Vergleich zur vorigen „Messtechnik“ – im Sommer regelmäßig alle Flächen aufsuchen und im Zweifelsfall mit dem Spaten nachschauen, wie feucht der Boden unter der Oberfläche ist – spare ich viel Zeit.
Marktplatz LandKultur: Welchen Aufschluss über die Bodenbeschaffenheit geben die Feuchtemessungen?
Nikolaus Glocker: Sie bestätigen mich auf jeden Fall in der humusaufbauenden Bewirtschaftung, die wir hier seit Langem betreiben. Durch artenreiche Blühmischungen, die wir zwischen den Baumreihen aussäen sowie durch Leguminosen reiche Silage (nährstoffreiches Hülsenfruchtmaterial, das auch zur Fütterung verwendet wird, Anm. der Redaktion) und Grünschnitt von brachliegenden Flächen, die wir in den Anlagen ausbringen, haben wir unter unseren Baumbeständen einen Boden, der über einen hohen Humusanteil, ein aktives Bodenleben und somit über sehr gute Puffereigenschaften verfügt. Auch hohe Wassermengen, beispielsweise bei einem Starkregen, können von den obersten 20 Zentimetern des Bodens in kurzer Zeit fast vollständig aufgenommen werden. In Böden mit geringer biologischer Aktivität schaut das oft ganz anders aus: Wasser fließt oberflächlich ab, und nach dem Regen trocknen die Böden deutlich schneller wieder aus.
Marktplatz LandKultur: Viele Ideen für Ihren eigenen Betrieb gewinnen Sie durch Ihr Engagement in der Fördergemeinschaft Ökologischer Obstbau e.V. (FÖKO e.V.). Mit welchen Themen beschäftigt sich diese aktuell?
Nikolaus Glocker: Unser Ziel ist, die Zukunftsfähigkeit des Obstbaus zu gewährleisten. Neben der erwähnten Thematik der Bodenfruchtbarkeit geht es um aktuelle Themen wie die Züchtungsforschung zu robusten Sorten. Ein besonders vielschichtiges und mitunter weit in die Zukunft reichendes Thema ist die Biodiversität auf den Obstbauflächen. Sie beginnt mit Insektenstreifen in der Anlage und reicht bis zur Mischung verschiedener Arten im Baumbestand selbst. Möglicherweise wirkt sich die Vielfalt – wenn beispielsweise in einer Apfelanlage Ankerpflanzen (Kleinsträucher, die am Reihenanfang und -ende gepflanzt werden, Anm. der Redaktion) oder ein paar Kiefern oder Eichen stehen und Hecken die Bestände umrahmen – positiv auf die Pflanzengesundheit oder auch den Gesamtoutput aus. Oder noch visionärer gedacht, ist ja die Mischung verschiedenster Obstarten auf einer Fläche denkbar. Wenn Kirschen, Aprikosen, Äpfel, Birnen, Johannisbeeren etc. auf einer Fläche durcheinander stehen, können sich Schädlinge, die auf eine Art spezialisiert sind, schwerer durchsetzen. Vielleicht gibt es Synergieeffekte, die wir aktuell noch nicht erahnen können, aber ebenso müssen wir wissen, ob es auch Effekte gibt, welche uns vor größere Probleme stellen, als wir jetzt haben, dies müssen wir herausfinden. Und dank digitaler Technik könnte in Zukunft in solchen Mischkulturen sogar eine recht effektive Ernte aller Früchte möglich sein – wenn der Erntewagen via GPS genau weiß, wo welche Früchte aktuell zu ernten sind. Sie sehen, hierzu gibt es zuerst ganz viele Fragen, bevor es Antworten geben kann.
Darüber hinaus dienen die FÖKO-Tagungen dazu, in vielen alltagspraktischen Fragen von Kollegen zu lernen und praktische Lösungen zu finden, die sehr leicht umsetzbar sind.
Marktplatz LandKultur: Wie blicken Sie in die Zukunft?
Nikolaus Glocker: Ich habe meinen Betrieb so aufgestellt, dass ich ihn in einigen Jahren mit gutem Gewissen abgeben kann – an meine eigenen Kinder oder auch an einen externen Pächter. Es ist mir wichtig, dass meine Kinder Zeit haben, die Entscheidung einer Betriebsübernahme in Ruhe zu durchdenken und für sich zu treffen. Was die betriebsinterne Entwicklung angeht, versuche ich, die allermeisten Spielräume optimal auszureizen. Die Summe von Faktoren, die wir als Obstbauern nicht selbst beeinflussen können – Klimaveränderung, Verbraucherverhalten, beständige Veränderung der gesetzlichen Rahmenbedingungen –, macht es allerdings unmöglich, in irgendeiner Form zuverlässige Prognosen zu stellen.
Die besten Chancen für einen zukunftsfähigen Obstbau sehe ich in einem starken Miteinander. Das Einzelkämpfertum funktioniert nicht. Kollegen mit unterschiedlichen Anbauformen wie Berater, Forscher und auch Behörden, Medien und Verbraucher – Lösungen für einen nachhaltig funktionierenden Obstbau in unserem Land können wir nur gemeinsam finden.
Marktplatz LandKultur: Vielen Dank für das offene Gespräch.