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Friederike Zimmermann: Herr Wasser, Sie sind vor einem Jahr mit „Marktplatz LandKultur“ in die Öffentlichkeit gegangen. Was hat Sie zu diesem Format bewogen?
Christoph Wasser: Also, da muss ich etwas ausholen. Ich bin im Ruhrgebiet geboren und habe erfahren, dass man als Städter wenig Bezug zur Landwirtschaft hat. Ich habe mich für den Beruf des Landwirts entschieden, landete 1992 beim Maschinenring, um für 12 Jahre in der Region Freiburg als Betriebshelfer zu arbeiten und so in die Prozesse reinzukommen. Als Betriebshelfer habe ich enorm viel kennengelernt, nicht nur die landwirtschaftlichen Abläufe; es hat immer auch der Hintergrund eine große Rolle gespielt. Wie funktioniert Landwirtschaft, in was für Verhältnissen leben wir.
2004 wechselte ich in den Innendienst, wo ich auch für die ÜMV (Überbetriebliche Maschinen-Vermittlung) zuständig war – die eigentliche Grundidee vom Maschinenring, heute auch „sharing economy“ genannt: Da die technische Ausrüstung sehr teuer ist, wird sie untereinander geteilt.
Außerdem habe ich im Maschinenring für unsere Landwirte den Bereich des Zuerwerbs im Wesentlichen weiter ausgebaut. In der bäuerlichen Landwirtschaft haben mittlerweile alle Zuerwerb: Ferienwohnungen, Pension, Hofcafé, Direktvermarktung usw. Ich war zuständig für 1.800 Mitglieder und viele andere Themen.
So kam mir dann irgendwann der Gedanke: Du hast so viele Ideen, du musst was Eigenes machen – also habe ich den Maschinenring verlassen. Aus dem empfundenen Vakuum einer zunehmenden Entfremdung gegenüber der Landwirtschaft ist schließlich die Idee zu „Marktplatz LandKultur“ entstanden. Dabei bildet meine frühere Tätigkeit beim Maschinenring die absolute Basis für das, was ich heute mache. Ich war vor allem im Kreis Emmendingen und im Breisgau-Hochschwarzwald im Einsatz, da kenne ich mich sehr gut aus; es gibt sicher nicht viele Leute, die sich da so auskennen.
Friederike Zimmermann: Die beiden Worte „Land“ und „Kultur“ im Namen der Organisation werden ja häufig als Gegensatz betrachtet. Worin besteht der Zusammenhang, was steckt hinter dem Konzept?
Christoph Wasser: Land – Kultur. Der Name ist natürlich Programm. Landwirtschaft ist für mich ein ganz hohes Gut, der Quell jeder Gesellschaft, zudem unsere Nahrungsquelle. Sie braucht eine gute Basis, Wissen und Verständnis. Hier gilt es zum einen aufzuklären.
Zum anderen ist Kultur aber auch im künstlerischen Sinne zu verstehen. Kunst schafft einen gewissen Raum für Kreativität, das ist auf dem Land nicht anders. Diesen Zusammenhang herzustellen, ist mir sehr wichtig. Dadurch bin ich auf die Idee des Höfe-Festivals gekommen. Wir brauchen Begegnung im weiteren Sinne, nicht nur da, wo man schöne Schlepper sieht und einkaufen kann, sondern wo man etwas gemeinsam anschauen und erleben kann.
Der Fernseher hat leider viel an unserer Kultur kaputt gemacht, auch auf dem Land. Früher hat man zusammengesessen, gespielt, sich unterhalten; das ist heute kaum mehr der Fall. Die bäuerliche Lebenskultur abseits der Arbeit ist seit dem Fernseher quasi abgeschafft. Diese wiederzubeleben und in Erinnerung zu rufen, auch dies ist ein wichtiges Ziel.
Friederike Zimmermann: Es geht Ihnen auch darum, die ursprüngliche Landwirtschaft vor dem Verschwinden zu retten?
Christoph Wasser: Verschwinden wird die Landwirtschaft auf keinen Fall, aber sie geht in Richtung Industrialisierung. Unsere Region ist geographisch sehr interessant mit ihren Waldbau- und Grünlandbetrieben mit Viehhaltung bis runter in die Rheinebene, den Sonderkulturbetrieben mit Tabak, Kräutern, Obst-, Wein- und Ackerbau. Und jeder bäuerliche Betrieb, der verloren geht, ist ein kultureller Verlust. Denn das sind die Leute, die unsere Region prägen. Die Schönheit, die wir hier haben, ist nicht selbstverständlich.