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Katja Brudermann (KB): Wie seid ihr auf die Idee gekommen, auf dem diesjährigen Höfe-Festival zu spielen?
Franziska Braegger (FB): Wir kennen den Veranstalter Christoph Wasser schon recht lange und haben schon öfter über eine Zusammenarbeit nachgedacht.
Len Shirts (LS): Wir beschäftigen uns in unseren Stücken eigentlich immer mit den elementaren Fragen des Menschseins: Was ist der Sinn des Lebens? Was macht die Würde des Menschen aus? Welche Rolle spielt unsere menschliche Spezies auf unserem Planeten – in Beziehung zur Natur und zu anderen Tieren und Pflanzen? Im Gespräch mit Christoph ist uns bewusst geworden, wie unmittelbar diese Themen mit der Landwirtschaft zu tun haben.
KB: Ja, das stimmt. Die Landwirte sind in unserer heutigen Gesellschaft diejenigen, die mehr als jeder andere Berufsstand gefordert sind, sich in der Unberechenbarkeit der Natur zurechtzufinden und zugleich den Ansprüchen der modernen Welt an makellose, gesunde und bezahlbare Lebensmittel zu genügen. Könnt ihr denn schon etwas über die Inhalte von „AURORA – über das Spiel von Mensch und Natur“ verraten?
FB (lacht): Das wissen wir selbst noch nicht so genau, wir sind ja noch mitten in den Vorbereitungen.
LS: Über den Rahmen können wir aber schon etwas sagen. Es wird eine etwa 90-minütige Masken-Performance sein. Wir beide, zusammen mit unserer Kollegin Asabe Mast, werden verschiedenste Masken nutzen; musikalisch begleiten werden uns der Perkussionist Ro Kuijpers und der Geiger Felix Borell. Wir haben uns vorgenommen, in dieser Performance eine Geschichte zu erzählen, die ganz ohne Worte auskommt – nur mit Masken, Bewegung und Musik.
KB: Die Masken sind ein wichtiges Element im Theater R.A.B. – richtig?
LS: Ja. Ich stamme aus den USA und habe dort erst Kunst und dann Schauspiel studiert. Nachdem ich ein paar Jahre überwiegend Theater gespielt habe, fing ich an, Masken anzufertigen. Bis heute sind die Masken für mich eine wunderbare Möglichkeit, meine Freude am künstlerischen Gestalten mit dem Theaterspielen zu verbinden.
FB: Len und ich haben uns 1988 an der Spielstatt Ulm Theaterakademie kennengelernt. Seit 1998 sind wir als Theater R.A.B. gemeinsam in Freiburg ansässig. Asabe Mast – die wir ebenfalls aus der Spielstatt kennen – spielt seit 2001 in verschiedenen Inszenierungen mit. Bis heute kümmert sich Len um die Anfertigung der Masken aus Pappmaché und anderen Materialien. In unserem Proberaum lagern sicher 150 verschiedene Masken. Wir sind selbst gespannt, welche Auswahl auf dem Höfe-Festival zu sehen sein wird.
KB: Wie kann ich mir denn die Vorbereitung des Stückes vorstellen? Kann man eine textfreie Geschichte „schreiben“ und auswendig lernen? Oder ist auf der Bühne alles improvisiert?
FB: Nein, improvisieren werden wir so ein langes Stück nicht. Wir erarbeiten bei den Proben einen Spannungsbogen und spielen auf der Bühne gemäß unserer Planung. Das „Schreiben“ einer Masken-Performance ist ein kreativer Prozess. Wir werden wohl bis zum Festival noch etliche Stunden mit Zetteln und Stiften, Musikinstrumenten und eventuell auch ganz neuen Masken im Proberaum verbringen, und dabei nachdenken und ausprobieren, wie sich Beziehungsgeflechte, Gefühle, Gedanken und Entwicklungswege darstellen und in eine Geschichte formen lassen, die ohne Worte funktioniert.
KB: Was reizt euch an dieser Art, Geschichten zu erzählen – mit Masken und ohne Text?
LS: Das Faszinierende ist: Jeder Zuschauer sieht die Performance mit seinen Augen und erlebt mit dem, was wir zeigen, seine ganz eigene Geschichte. Wir haben das oft erlebt. Nach dem gleichen Stück, dem gleichen Auftritt, gab es Menschen, die haben unheimlich viel gelacht, andere hatten Tränen in den Augen und wieder andere waren nachdenklich gestimmt. Aber die allermeisten sind auf irgendeine Weise tief berührt.
FB: Wir haben ja durchaus eine klare Botschaft: Der Mensch muss aufhören, die Natur auszublenden, zu dominieren und zu zerstören – er darf wieder zurückfinden, zu einem von gegenseitigem Respekt und beidseitigem Geben und Nehmen geprägten Miteinander. In Worte gepackt wird so was schnell moralisch. Ich persönlich habe überhaupt kein Interesse, den Zuschauenden mit erhobenem Zeigefinger zu erklären, wie sie sich verhalten sollen. Ich möchte im Spiel erforschen: Was passiert, wenn der Mensch gegen die Natur kämpft oder sie ignoriert? Und wie kann aus Entfremdung wieder eine Annäherung erwachsen, aus Konkurrenzkampf ein für alle Seiten erbauliches Miteinander? Ich finde, dass sich diese Botschaft mit unserer Kunstform besonders gut vermitteln lässt.
KB: Trotzdem werden auf dem Höfe-Festival eure Stimmen auch zu hören sein?
LS: Ja genau. Wir werden immer wieder mit Halbmasken übers Gelände spazieren. Unsere Münder sind bei diesen Masken frei, und wir werden Besucher ansprechen.
FB: Wir schlüpfen in die Rolle von völlig ahnungslosen, aber von allem hellauf begeisterten JournalistInnen und sind gespannt, was die Menschen uns über die hiesige Landwirtschaft erzählen können.
KB: Ich freue mich jedenfalls, euch beim Festival zu erleben!
Das gesamte Programm des Höfe-Festivals: Höfe-Festival
Nähere Infos zum Theater R.A.B.: Random Acts of Beauty