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Verbraucherinnen und Verbraucher, die Wert auf artgerechte Tierhaltung und regionale Erzeugung legen, kaufen gerne beim Landwirt in der Nähe. Besonders dann, wenn sie selbst sehen und erleben können, dass die Tiere dort gut gehalten werden. Bei dieser Direktvermarktung findet kaum ein Produkt solch reißenden Absatz wie Eier. Kunden schätzen die tiergerechte Haltung des Federviehs jenseits von Großbetrieben und Skandalen.
Den Landwirten winken bei der mobilen Hühnerhaltung relativ geringe Investitionskosten, ein enger Kontakt zu den Tieren, positive Resonanz der Verbraucher und zugleich attraktive Vermarktungsmöglichkeiten. Das sogenannte Hühnermobil ist ein autarker Stall auf Rädern mit Futter, Wasser und Solarstrom, in dem die Hühner auf der Stange sitzen, futtern und ihre Eier ablegen können. Auslauf haben sie auf der Fläche rund um den Mobilstall, der etwa alle 14 Tage von einer Grünfläche zur nächsten wandert. So kann sich die Wiese vom Gescharre der Hühner erholen und die Hühner picken immer frisches Gras. Ausreichend Dünger liefern die Hühner praktischerweise selbst. Die Mobilställe bieten zudem einiges an Technik, etwa eine automatisch gesteuerte Fütterung und ausreichende Tränken. Die Auslaufklappe öffnet und schließt zeitgesteuert und der Mist wird durch ein Kotband automatisch aus dem Stall heraus befördert. Ein Lüfter sorgt für frische Luft im Stall, der wöchentlich neu eingestreut wird.
Neues Betriebskonzept
Als Landwirt Timo Guckert vor ein paar Jahren in den elterlichen Betrieb – einen Aussiedlerhof am Ortsrand von Heitersheim – einstieg, war eines klar: Er wollte dem typischen Gemischtbetrieb mit den Standbeinen Milchproduktion, Ackerbau, Grünland und Weinbau eine neue Richtung geben: weg von immer größeren Produktionsmengen und vom Abliefern hin zu mehr Direktvermarktung und mehr Tierwohl. Das mobile Konzept und die artgerechte Form der Hühnerhaltung in Mobilställen überzeugte ihn und seine Eltern: 2018 bezogen die ersten 350 Hühner auf dem Betrieb einen Mobilstall. Am Hofeingang steht ein Verkaufshäuschen mit Automat, aus dem die Kunden rund um die Uhr Eier ziehen können. Für sie hat Guckert extra eine Bank aufgestellt, damit sie dem Treiben auf der Hühnerwiese zuschauen können. Mit den Hühnern weiden auch zwei Ziegen, die sogenannte Ziegen-Security, die dafür sorgt, dass der Hühnervogel, der Habicht, die Hühner in Ruhe lässt. „Es hat sich schnell gezeigt, dass unsere Geschäftsidee gut ankommt und die Eier nicht reichen, deshalb habe ich schon bald einen zweiten Stall gebaut“, berichtet Guckert. Weil sich im Arbeitsalltag manches als unpraktisch erwiesen hatte, realisierte der handwerklich geschickte Landwirt den zweiten Mobilstall genau so, wie er ihn haben wollte: Über den Winter wurde deshalb aus einem einstigen LKW-Kühlkoffer, der im Sommer die Hitze draußen und im Winter die Wärme drinnen hält, ein Stall für weitere 600 Hühner.
Mobile Hühnerhaltung noch eine Nische
Nach Auskunft des Bundesverbands Mobile Geflügelhaltung e. V. (BVMG) mit Sitz in Modautal/Hessen leben nach einer aktuellen Erhebung im Jahr 2020 etwa 2,5 Millionen Legehennen in über 2.000 Betrieben in Mobilställen. Der Anfang 2019 gegründete Verein hat etwa 350 Mitgliedsbetriebe. „Wir nehmen Neueinsteiger an die Hand und unterstützen sie. Mobile Hühnerhaltung ist aufwändig, viele unterschätzen das. Erst kürzlich hatten wir ein gelungenes Treffen mit interessanten Referenten mit über 300 Teilnehmern“, sagt Benedikt Kaschinski, der zweite Vorsitzende des Verbandes. Auch von der Politik werde der Verband inzwischen wahrgenommen. Von den rund 42 Millionen Legehennen in Deutschland werden nach Zahlen des Statistischen Bundesamts von 2020 etwa 13,9 Millionen im Freiland oder in Biobetrieben gehalten. Mobile Hühnerhaltung wird bislang nicht eigens erfasst.
Landwirt Timo Guckert produziert seit Sommer 2019 auch Fleischhähnchen – natürlich auch im selbst gebauten Mobilstall. Gerade steht der Stall neben dem Gemüsegarten hinter dem Haus, kaum öffnet sich die Luke, zieht es die Hähnchen in eine Himbeeranlage, wo sie an den Blättern picken. 150 männliche und weibliche Küken einer robusten Rasse kommen im Alter von zwei Wochen auf den Hof und können dann gut zwei Monate wachsen – und damit doppelt so lange wie handelsübliche Masthähnchen –, bis sie geschlachtet werden. Die Hähnchen werden erst dann in einem EU-zertifizierten Betrieb in der Region geschlachtet, wenn sie komplett vermarktet sind. Wer ein Freiland-Hähnchen, das dann zwei bis zweieinhalb Kilo Schlachtgewicht hat, kaufen möchte, meldet dies über die Homepage des Hofs verbindlich an. Meist gibt es eine Warteliste. Eine Woche vor dem Schlachten bekommen die Kunden Bescheid, wann sie das Hähnchen abholen können. Auch in mehreren Gasthäusern in der Umgebung kommen Guckerts Hähnchen und Eier auf den Tisch. Während Timo Guckert seine Geflügelprodukte komplett selbst vermarktet, setzen andere Bauern mit Mobilställen neben dem Hofverkauf auch auf Wochenmärkte, beliefern Hof- und Bio-Läden und verarbeiten selbst einen Teil der Eier zu Nudeln und Eierlikör. Egal, welchen Vermarktungsweg sich die Hühnerhalter suchen, die Wertschöpfung bleibt auf jeden Fall größtenteils im Betrieb.