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Feinschmecker, Gesundheitsbewusste und Idealisten kommen auf dem Messegelände auf ihre Kosten. Erstmalig teilt sich die Slowfood-Messe eine Halle mit der Messe für faires Handeln. „Zur Fairtrade-Bewegung haben wir viele Verknüpfungen, die wir auf der Messe auch ausspielen“, verrät Nina Wolff, Vorsitzende des Veranstalters Slowfood Deutschland e.V. Faire Handelsbedingungen für die Erzeuger, nachhaltige Produktion und hohe Qualitätsstandards ziehen sich als rote Fäden durch die gesamte Halle. Gut 200 Slowfood-Aussteller sind in diesem Jahr zugegen – vor Corona waren es auch schon doppelt so viele. Deutschland, Österreich sowie Italien als Ursprungsländer der Bewegung sind stark vertreten; Aussteller aus anderen Ländern findet man eher vereinzelt. Ebenfalls selten trifft man hinter den Ständen mit Käse, Wurst, veganem Eis, frittierten Mehlwürmern oder exotischen Gewürzen Menschen, die noch einen Teil ihrer Arbeitszeit im Stall oder auf dem Feld verbringen. „Der Kontakt zu den Erzeugern ist uns nach wie vor sehr wichtig“, betont Nina Wolff. Es ist nur so, dass den finanziellen und zeitlichen Aufwand eines Messestandes eher die Verarbeiter und Händler auf sich nehmen. Diese wiederum delegieren dann ihrerseits die Standbetreuung an mit der Materie wenig vertraute Mitarbeiter, wodurch die Slowfood-Messe ihr authentisches Flair verliert, das sie bislang immer auszeichnete.
Auf Seiten derer, die regionale landwirtschaftliche Produkte verarbeiten, finden sich interessante neue Modelle. Als Netzwerkunternehmen bezeichnet Geschäftsführerin Birgit Tatner ihr Label „My Makery“. Die Rezepturen für verschiedene glutenfreie Brotbackmischungen hat die Diplom-Sportwissenschaftlerin aus Sindelfingen selbst entwickelt – verarbeitet und abgepackt werden die Tüten vom Hofgut Storzeln im Hegau, das sich als Dienstleister für Gründer neuer Lebensmittelfirmen einen Namen gemacht hat. Die Zutaten sind so regional wie möglich. Für die Flohsamenschalen bedeutet das Indien – Esskastanien stammen aus Frankreich und Leinsamen tatsächlich aus Deutschland. Die Vermarktung erfolgt über den eigenen Online-Shop und zukünftig auch über den Lebensmitteleinzelhandel.
Die mobile Verarbeitungsküche „KondiTOURei“ hat Nanetta Ruf ins Leben gerufen. Mit ihrem zur Gewerbeküche ausgebauten LKW kann sie von landwirtschaftlichen Betrieben zu Zeiten von Ernteschwemmen gebucht werden. Sie bleibt dann ein paar Tage vor Ort, verarbeitet, was gerade da ist, zu haltbaren Produkten, welche die Landwirte dann über ihre eigenen Kanäle vermarkten können.
Ein aufschlussreiches Projekt, das im Rahmen des Vortragsprogramms, der Forumbühne der Messe, vorgestellt wird, hinterfragt den Wert von Lebensmitteln: In Papiertüten mit der Aufschrift „Bodenschätze“ konnten Studierende Gemüse aus zweiter Wahl des Bioland-Gemüsehofes Hörz aus Filderstadt direkt auf dem Gelände der Universität Hohenheim erwerben. Was Erzeuger und Hochschulteam im Rahmen des gemeinsamen Forschungsprojektes feststellen: Sehr viel günstiger als das Gemüse aus erster Wahl können die angenagten Möhren und krummen Gurken nicht verkauft werden. Denn das Ernten, Verpacken und Liefern des Gemüses benötigt mehr Arbeitsstunden als das ansonsten gängige Unterpflügen, und mindestens dieser Mehraufwand will durch den Verkaufspreis gedeckt sein.
Die Messebesucher scheinen zufrieden mit dem vielfältigen Angebot – auch mit (noch) ungewöhnlichen Zutaten. „Wir sind am Wochenende eingeladen, da bringen wir das jetzt mal als Gag mit“, verrät eine Besucherin, die gerade ein paar Tüten Chips aus Insektenmehl erworben hat. Sie sehen harmlos aus, und die herzhafte Gewürzmischung schmeckt man deutlich stärker als die Insekten. An die frittierten Mehlwürmer, Wanderheuschrecken und Heimchen trauen sich doch weniger Besucher heran. Insekten als neue Quelle proteinreicher Nahrung sind zweifelsohne im Anflug, wie auch manch andere Neuigkeit aus der Lebensmittelbranche: Der Sirup aus der Inkawurzel schmeckt ähnlich wie der heimische Zuckerrübensirup, ist aber für Diabetiker geeignet. Übrigens: Die aus Südamerika stammenden Wurzeln wachsen im Prinzip auch hier; erste Landwirte sind bereits im kleinen Stil in den Anbau eingestiegen.
Auch auf Seiten der Aussteller herrscht eine gute Stimmung: „Wir sind mit der Messe sehr zufrieden“, berichten Daniela und Christian Haußler, die mit Cider und anderen Getränken aus eigenem Obstbau zu den wenigen waschechten Erzeugern auf der Messe zählen. Das Interesse an den Produkten und auch die Kaufbereitschaft der Besucher sind hoch, trotz wirtschaftlich angespannter Lage. Die Messebesucher gehören offenbar einer Einkommensliga an, die trotz Inflation und Rezension noch immer 9€ für eine Waffel mit Sauerkirschen oder ein kleines gemischtes veganes Eis bezahlen können und wollen.
Alles in allem bleibt jedoch ein etwas fader Nachgeschmack im Hinblick darauf, dass sich unter den zahlreichen Ausstellern so wenige landwirtschaftliche Betriebe befinden. Regionalität ist mehr Schlagwort als Ausstellungsgegenstand und die Sichtbarkeit der Erzeuger ist kaum gegeben. Im Gemenge der vielen Anbieter, die zwar auf handwerkliche Verarbeitung und Qualität achten, ihre Zutaten dann aber doch aus Qualitäts- und Kostengründen aus anderen Ländern beziehen, ist der Landwirt mit den ur-eigenen Produkten dann doch leider Mangelware.