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Teilnehmende Personen:
Anne Körkel, Landwirtin, Dipl.-Agraringenieurin und Moderatorin
Beteiligte Landwirtinnen und Landwirte:
Viktor Lang, Weingut Clemens Lang, Freiburg-Munzingen Betreiber von Vikifarms und verantwortlich für den Außenbereich im elterlichen Weingut.
Eva Hohlfeld, St. Peter, Landwirtschaftsmeisterin, Käserin auf Partnerbetrieb, zusätzlicher Käse-Handel.
Katja Kürner, Schweighof, St. Peter, Landwirtin mit Mutterkuhherde, Legehennen, Pferdehaltung und Direktvermarktung.
Samuel Sonner, Heinehof, Bollschweil-St. Ulrich, u. a. zuständig für Lehrlingsausbildung und Brennerei im elterlichen Betrieb.
Markus Wangler, Haldenmichelhof, Breitnau, Heumilchproduzent für die Schwarzwaldmilch, Anbieter von „Urlaub auf dem Bauernhof“ und Naturparkführer.
Eine Veranstaltung im Rahmen des Höfe-Festivals am 16. September 2023 von Marktplatz LandKultur in Kooperation mit dem Buchladen in der Rainhof Scheune, Kirchzarten im Dreisamtal.
Den dem Podiumsgespräch vorangehenden Vortrag von Franz Theo Gottwald können Sie hier ansehen.
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Ein redaktioneller Beitrag über den Vortrag
von Melanie Heusel
Bei einem Podiumsgespräch des diesjährigen Höfe-Festivals von Markplatz LandKultur konnte das Publikum in die Lebens- und Arbeitswelten von fünf Landwirtinnen und Landwirten unserer Region eintauchen. Die angeregte Gesprächsrunde zeigte sowohl die Vielfalt unserer Landwirtschaft als auch gemeinsame Herausforderungen.
Im Anschluss an den Vortrag von Professor Franz Theo Gottwald fand im Rahmen des Kulturprogramms des Höfe-Festivals 2023 ein Podiumsgespräch zwischen fünf Landwirten und Landwirtinnen der Region statt. Die von Anne Körkel moderierte Diskussionsrunde zeigte auf ganz anschauliche Weise, wie vielfältig nicht nur die Landschaft, sondern auch die landwirtschaftlichen Lebensentwürfe sind.
Eva Hohlfeld aus St. Peter etwa hat sich einfach verliebt, zunächst in einen attraktiven französischen Bauern, dann in die Landwirtschaft an sich. Kurzerhand wand sie ihrem ursprünglichen Lehrberuf Ergotherapeutin den Rücken zu, studierte Landwirtschaft und übernahm im Anschluss für sieben Jahre einen Berghof in der Schweiz. Heute ist die Landwirtschaftsmeisterin Käserin auf einem Partnerbetrieb und betreibt einen eigenen Käse-Handel. Danach gefragt, wie sie auf die Geschichten anderer Landwirte blicke, die Höfe und Wissen geerbt haben, räumt sie zwar ein, dass es durchaus eine Seite in ihr gebe, die sich solche Startbedingungen gewünscht hätte. Andererseits wisse sie ihre Freiheiten zu schätzen, denn ein Erbe bedeute ja auch große Verantwortung und manchmal Belastung
Letztere merkt man allerdings auch Viktor Lang nicht an, der auf dem Weingut Clemens Lang, Freiburg-Munzingen, aufgewachsen ist. Das Weingut muss zwar gleich drei Familien ernähren, was Viktors Experimentierfreude jedoch keinen Abbruch tut. Er erzeugt mit VikiFarms für die Region eher ungewöhnliche Produkte wie Kürbiskerne oder Feuerbohnen. Rückschläge? Sicher, die gebe es, aber das gehöre eben auch zum Geschäft. Die Schnelllebigkeit der Gesellschaft, Moden und Trends auch in der Ernährung schlügen eben unmittelbar durch. Viktor Lang ist dennoch überzeugt, dass er sich auf sein Bauchgefühl verlassen könne und auch heute noch Betriebe mit etwas Investitionsbereitschaft und guter Vernetzung eine Zukunft haben.
Nimmt man den Schweighof in St. Peter in den Blick, den Katja Kürner gemeinsam mit ihrem Mann betreibt, ist es zunächst nicht die Zukunft, sondern die Vergangenheit, die einen beschäftigt. Der Hof steht dort vermutlich schon länger als das im 11. Jahrhundert erbaute Kloster; im Familienbesitz ist er bereits seit 1839. Nachdem der Bruder das Erbe ausgeschlagen habe, sei Katja nach vorn getreten. Eine ungewöhnliche Erbfolge vielleicht, aber für sie habe nie ein Zweifel bestanden. Um sich wirtschaftlich abzusichern, hat sie ihren Betrieb auf zwei Standbeine gestellt: Neben der Tierhaltung arbeiten sie und ihr Mann in der Gastronomie. Das macht sie sicher, auch dann weiter bestehen zu können, wenn die zunehmende Trockenheit sie zwingt, die Herde zu verkleinern.
Vielfalt und viele Menschen auf dem Hof, das scheint das Erfolgsrezept auf dem Heinehof, St. Ulrich zu sein. Auch hier wird neben der Tierhaltung auf Gastwirtschaft und eine konsequente Direktvermarktung gesetzt. Samuel Sonner ist zuständig für die Lehrlingsausbildung und die Brennerei im elterlichen Heinehof. Die zahlreichen Besucher habe er schon von Kindesbeinen an als Bereicherung gesehen und heute noch verstehe er diesen direkten Austausch als eine wichtige Aufgabe. Die Gäste wüssten oftmals kaum etwas über Landwirtschaft, seien aber durchaus interessiert und offen. Im Gespräch mit ihnen könne man Wertschätzung für die Landwirtschaft erzeugen.
Dass die Menschen gern zu ihm kommen, kann auch Markus Wangler vom Haldenmichelhof, Breitnau mit Fug und Recht behaupten. Über 300 Belegungstage verzeichnet der Heumilchproduzent und Anbieter von „Urlaub auf dem Bauernhof“. Gefragt, wie lange er sich auf dem Hof noch sehe, antwortet er prompt: „Für den Rest meines Lebens.“ Die Existenz dort bedeute für ihn Glück und das wolle er auch seinen Kindern vermitteln. Den Fehler, diesen zu häufig über die Arbeit vorzujammern, wolle er auf keinen Fall begehen. Das sei auch ein Grund, warum auf vielen Höfen die Erbfolge abreiße. Man müsse den Kindern schon die Freude an dieser Lebensweise vermitteln, sonst dürfe man sich nicht wundern.
Fünf Persönlichkeiten, ihre landwirtschaftlichen Betriebe und ihre Lebensentwürfe durfte das Publikum in der Rainhof Scheune kennenlernen. Sie tauschten sich aus über ihre Zugänge zur Landwirtschaft, über Zukunftsvisionen, über die Last des permanenten Anpassungsdrucks, der in kaum einem anderen Berufsstand so groß sei, und waren sich doch in einem einig: als bloßen Job, sei Landwirtschaft nicht zu betreiben, es müsse schon eine Berufung sein. Und es brauche zwingend einen Partnern, der diese Lebensweise gleichermaßen begeistert teile.
Als Besucherin der Veranstaltung war man versucht, die fünf Personen im Gespräch als besonders, als ungewöhnlich zu beschreiben. Doch vermutlich wäre gerade das falsch: Den gewöhnlichen, den klassischen Bauern, den gibt es wahrscheinlich nicht. Vielmehr ist jeder Zugang zur Landwirtschaft, ist jeder Hof und jeder Zukunftsentwurf ganz und gar individuell und genau das ist es, was Vielfalt ermöglicht.