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„Hofübergabe ist eine besondere Sache, die man in der Regel nur zwei Mal im Leben mitmacht. Zunächst als Hofübernehmer und später als Hofübergeber. Beim zweiten Mal kann ich versuchen, die alten Fehler zu vermeiden, dafür mache ich aber wahrscheinlich neue“, bringt Bernhard Nägele, Leiter vom Bildungshaus Kloster St. Ulrich, die Herausforderung auf den Punkt. Eine Herausforderung, die alle Beteiligten betrifft und die vor allem dann gut gelingen kann, wenn von Anfang an Transparenz herrscht, wenn also offen kommuniziert wird. Oder wie es Bernhard Nägele ausdrückt: „Schwätzt miteinander!“ Und das gilt bei der familiären Hofübergabe nicht nur für Übergeber und Übernehmer, sondern auch für diejenigen, die nicht übernehmen, aber trotzdem Teil des Ganzen sind. Im traditionellen Sinne gehören dazu die Eltern, die den Betrieb abgeben, die übernehmende Tochter oder der übernehmende Sohn und, falls vorhanden, Geschwister, die sogenannten „weichenden Erben“.
Die Kunst des Loslassens
Diese Konstellation birgt viel Konfliktpotenzial, denn schnell begegnet man sich hier auf der emotionalen Ebene. Das bestätigt auch Tanja aus Freiburg, deren Familie sich momentan in der Hofübergabe befindet: „Da kommen bisher gedeckelte Gefühle noch aus der Kindheit wieder hoch. Dabei geht es weniger ums Materielle, sondern darum, wer wie von den Eltern gesehen wird und wer wie viel Zuwendung bekommt.“ Auch die Hofübergebenden stehen vor einem großen Schritt. Dieser ist immer mit Abschiednehmen und Loslassen verbunden, denn meist ändern sich Dinge mit der neuen Generation: Wirtschaftsformen werden aufgegeben und dafür neue Wege gegangen. Um all dies aufzufangen, sollte man sich so früh wie möglich mit der Hofübergabe auseinandersetzen. Spätestens im Alter von 50 Jahren, so Nägele, sollte man sich Gedanken darüber machen. Der formelle Prozess dauere in der Regel mindestens ein bis zwei Jahre. Denn neben den bereits erwähnten emotionalen Themen müssen vor allem auch erb-, steuer- und sozialrechtliche Aspekte wie die Alterssicherung der Hofübergeber ausführlich geprüft und geklärt werden. Sich für all das Beratung und Unterstützung zu suchen, liegt daher auf der Hand. In Baden-Württemberg ist dafür häufig die erste Ansprechpartnerin die jeweilige Bezirksgeschäftsstelle des Badischen Landwirtschaftlichen Hauptverbands (BLHV).
Unterstützung und Beratung von außen holen
Ansprechpartnerin für den Bezirk Freiburg ist Geschäftsführerin Silke Grünewald: „Bei uns haben sowohl Mitglieder als auch Nichtmitglieder die Möglichkeit einer Erstberatung.“ Auch Grünewald betont, das Miteinanderreden sei „der Knackpunkt“. Genauso wichtig sei es aber, dass sich die Hofübergebenden trotz langer Arbeitstage Zeit nehmen, um sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. „Man muss sich ja erst einmal selbst sortieren“, so die Bezirksgeschäftsführerin, „und Fragen stellen“. Worauf ist man besonders stolz in Bezug auf den Betrieb? Was ist einem wichtig? So kann auch später im Familiengespräch dem künftigen Übernehmer klar werden, welches die sensiblen Punkte sind. Die Hemmungen für solch einen offenen Umgang zu überwinden, ist ein wichtiger Meilenstein, denn Silke Grünewald betont weiter: „Ein Hofübergabevertrag ist wichtig. Aber er ist nicht alles. Nicht zu unterschätzen ist das darauffolgende, reelle Zusammenleben der Familie auf dem Hof.“
So geht es auch: Übergabe außerhalb der Familie
Nun haben aber 70 Prozent aller Höfe aktuell weder Nachfolger noch Nachfolgerin – entweder, weil es keine Kinder gibt oder diese sich für andere Lebenswege entschieden haben. Sofern der Hof dennoch weitergeführt werden soll, handelt es sich dann um eine außerfamiliäre Hofübergabe. Denn erb- und steuerrechtlich hört Familie jenseits der Kernfamilie auf. Das heißt, auch wenn der Neffe oder die Nichte übernimmt, ist dies rein rechtlich als außerfamiliär zu betrachten, was schon in Hinblick auf die Steuer einen großen Unterschied macht. Klaus aus Horben ist deswegen froh, dass er das nicht allein abwickeln muss, sondern gemeinsam mit seiner Frau an einem Seminar für außerfamiliäre Hofübergabe teilnimmt. „Zu den großen Herausforderungen hat gezählt, überhaupt einen Nachfolger für den Hof zu finden.“ Früh genug die Weichen für die Übergabe zu stellen, ist auch sein Credo, und seine Frau ergänzt: „Im Seminar sind Leute dabei, die den Hof innerhalb eines halben Jahres übergeben wollen, das reicht hinten und vorne nicht.“
Stammtisch „Außerfamiliäre Hofübergabe“
Besonders wird die Situation dann, wenn ein bisher völlig Unbekannter den Hof übernimmt. Woher weiß man in diesem Fall, ob man den Hof in gute Hände gibt und ob man als Altenteiler dort gut behandelt wird? Der Beratungsdienst „Familie & Betrieb“ in Bollschweil/St. Ulrich rät deswegen, unbedingt eine Kennenlernphase einzuplanen, und empfiehlt eine Probezeit von etwa einem Jahr. Wer sich zunächst im lockeren Rahmen mit dem Thema auseinandersetzen möchte, kann auch den Stammtisch „Außerfamiliäre Hofübergabe“ besuchen, der einmal monatlich stattfindet. In geselliger Runde ist hier ein erster Informations- und Erfahrungsaustausch möglich. Der Stammtisch richtet sich an jene, die übergeben, aber auch an jene, die gern einen Hof übernehmen möchten. In Zusammenarbeit mit dem Bildungswerk des BLHV und anderen bietet darüber hinaus das Bildungshaus Kloster St. Ulrich eine Veranstaltungsreihe mit verschiedenen Seminaren zum Thema Hofübergabe und Hofübernahme an.
Weitere Informationen, auch zum Stammtisch, finden sich auf der Homepage des Bildungshauses Kloster St. Ulrich https://www.bildungshaus-kloster-st-ulrich.de/.