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Perspektiven für alte Nutztierrasse

Zukunftstag zum Hinterwälder Rind in Schönau

von Katja Brudermann, 10. Januar 2025 Am 6. November 2024 wurden rund 15 Teilnehmer aus der Region kreativ für die Zukunft des Hinterwälder Rindes. Im Rahmen eines Buchprojektes über die urwüchsige Schwarzwälder Rinderrasse initiierte Katja Brudermann gemeinsam mit dem „Biosphärengebiet Schwarzwald“ eine Zukunftswerkstatt.
Zukunftstag zum Hinterwälder Rind in Schönau
Theaterprojekt zur Hinterwälder Rinderrasse, Foto: Johanna Pietschmann

Für Kenner sind die Hinterwälder Rinder die Juwelen des Schwarzwalds – robust und optimal angepasst an die regionaltypischen Steilhänge und mageren Böden. Zugleich zählen sie zu den vom Aussterben bedrohten Nutztierrassen, und das nicht ohne Grund. Die Themen, die den langfristigen Fortbestand der Hinterwälder Rinder und der mit ihnen zusammenhängenden Lebenskultur führen, kamen immer wieder zur Sprache in Interviews, die Katja Brudermann im Rahmen ihrer Recherchen für ein Buch über Hinterwälder führte, das Mitte 2025 im Badischen Landwirtschaftsverlag erscheinen soll. An irgendeinem Punkt der Recherche stellte sie sich die Frage: „Will ich als Autorin ganz in der Rolle der Beschreibenden bleiben, oder kann ich auch einen gewissen Beitrag leisten, der Hinterwälderzucht neuen Aufschwung zu verleihen?“ Daraus entstand die Idee einer Zukunftswerkstatt. Das Programm wurde von Katja Brudermann, Florian Brosette vom Biosphärengebiet Schwarzwald sowie Len Shirts und Franziska Braegger vom Theater R.A.B. gemeinsam auf die Beine gestellt.

„Zu viel Bürokratie, zu wenig Fördergelder, zu wenig Anerkennung von der Gesellschaft – die Kernprobleme der Hinterwälder und ihrer Halter sind schnell zusammengefasst“, erklärt Katja Brudermann, „mein Ziel bei der Zukunftswerkstatt war, die teils auch ziemlich festgefahrenen Denk- und Verhaltensmuster zu lockern, mit denen Landwirte auf diese Themen reagieren. Nur wenn es gelingt, über das gebetsmühlenartige Beschreiben der Probleme hinaus zu kommen, können wirklich neue und zukunftsweisende Ideen entstehen.“

So war der erste Teil des Tagesworkshops der spielerischen Lockerung der Gehirnzellen gewidmet. Gestaltet wurde er von Len Shirts und Franziska Braeger, die seit vielen Jahren nicht nur eigene Stücke schreiben, sondern auch immer wieder mit Gruppen arbeiten, um Kreativität und Teamgeist mit theater-spielerischen Methoden anzukurbeln.

Theaterprojekt zur Hinterwälder Rinderrasse, Foto: Johanna Pietschmann
Theaterprojekt zur Hinterwälder Rinderrasse, Foto: Johanna Pietschmann

Die Teilnehmer – Landwirte und Mitarbeiter verschiedener regionaler Organisationen – entwickelten sichtliche Begeisterung. Es entstanden diverse Gedichte und sogar zwei kurze Theaterstücke rund um das Hinterwälder Rind, die bis zur Bühnenreife vielleicht noch etwas Feinschliff brauchen, den weiteren Teilnehmern, die zum zweiten Teil des Tages hinzukamen, aber durchaus einen heiteren und nachvollziehbaren Einblick in die Thematik gewährten.

Nach der spielerischen Leichtigkeit des Vormittags stand am Nachmittag eine konzentrierte Gesprächsrunde auf dem Programm: Waren in den Gedichten und Theaterszenen Ideen verpackt, die in die Praxis umgesetzt werden können? Welche Möglichkeiten, die Zukunft des Hinterwälder Rindes zu gestalten, zeigen sich bei diesem branchenübergreifenden Treffen, bei dem auch Mitarbeiter lokaler Unternehmen, des Schwarzwaldvereins und der Tourist-Information vertreten waren?

Als Schwerpunkte der Gesprächsrunde zeigten sich die Kommunikation mit den Verbrauchern, die Zusammenarbeit der Landwirte untereinander sowie mit dem Tourismus und anderen Wirtschaftszweigen. Konkrete Ideen, die weiter verfolgt werden können, waren z.B.:

„Das war mal was anderes – es hat Spaß gemacht, und produktiv war es auch“, lautete das Feedback eines Teilnehmers. Auch die Veranstalter gingen mit einem guten Gefühl nach Hause. Der Tag lieferte nicht nur spannendes Material für ein weiteres Kapitel des Hinterwälder-Buchs. Die wichtigste Erkenntnis des Tages lautete für Katja Brudermann: „Was die Optimierung der Abläufe in den eigenen Betrieben angeht, sind die meisten Hinterwälder-Halter schon recht weit fortgeschritten. Um ihre Zukunftstauglichkeit weiter zu verbessern, ist es für sie wichtig zu lernen, gezielter mit Verbrauchern aus anderen Berufssparten zu kommunizieren und ihre regionalen Netzwerke zu verbessern, damit sich die Herausforderungen der Landwirtschaft an den Extremstandorten des Südschwarzwaldes auf viele Schultern verteilen.“

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